Tage des Donners - Coburg, 2./3. Juli 2005

Das 17. Jahrhundert

Das 17. Jahrhundert hatte sein Lager vor malerische Kulisse zwischen der Neuen Bastei und der Bärenbastei. Repräsentiert wurde es von der Gruppe Hortus Bellicus 1632 Munchbergk e.V. und der Cronacher Ausschuß Compagnie. Beide Gruppen führten jedoch nicht nur ihre Waffen und Kanonen vor, sondern informierten auch die zahlreich sich im Feldlager des "Dreißigjährigen Krieges" (1618-48) einfindenden Zuschauer über Sitten und Leben in den Armeen des 17. Jahrhunderts. Vorgeführt wurden Piken- und Musketendrill, vor allem aber auch ein nach den Grundsätzen experimenteller Archäologie nachempfundenes Lagerleben - vom Schlafen auf Strohsäcken bis zur Zubereitung zeitgenössischer Speisen. Armin König hatte seine bis ins kleinste Detail nach originalen Vorbildern gestalteten Lunten und Radschloßwaffen mitgebracht, was - ganz im Sinne der musealen Anprüche der Kunstsammlungen der Veste Coburg - den Zuschauern Gelegenheit gab, authentische Radschloßwaffen, von der Pistole bis zum Doppelhaken, nicht nur hinter Glas in der Museumsvitrine, sondern auch in ihrer tatsächlichen Funktion und Handhabung zu bestaunen.
Die Gebrüder Hegenberger vom Hortus. Die ausführlichen Erläuterungen, die Hauptmann Mike bei jeder der Vorführen des 17. Jahrhunderts über Feldlagerleben, Ausrüstung und Waffengebrauch des Dreißigjährigen Krieges gab, kamen beim Publikum gut an.
Gleich beginnt eine neue Vorführung. Während sich der Hauptmann im Hintergrund mental auf seine Ausführungen vorbereitet, kümmert sich Armin im Vordergrund um das verstopfte Zündloch seines Doppelhakens.
Musketier (links) und Dragoner des schwedisch-protestantischen Houwald'schen Regiments. Musketiere bildeten im Dreißigjährigen Krieg, zusammen mit den Pikenieren die Infanterie, während Dragoner der kaiserlichen Partei als berittenes Fußvolk gewertet wurden. Im Unterschied dazu waren Dragoner der schwedischen Seite bereits zu Beginn der 1630er Jahre überwiegend der Kavallerie zugeordnet und kämpften, bewaffnet mit Reiter- oder Haudegen und einer oder zwei Pistolen, unter gewissen Bedingungen auch zu Pferd. Die Muskete wurde dabei mit Hilfe eines Riemens über Schulter und Rücken getragen.

Foto: Timo Geldner

Ein Pikenier, wie aus dem Lehrbuch. Durch die ungewöhnliche Perspektive wirkt die in der Regel bis zu 5 m lange Pike doch etwas stark verkürzt. Der Pikenier stand im Gefecht in vorderster Front und trägt deshalb eine Schutzbewaffnung aus Rücken- und Bruststück mit kurzen, geschobenen Beinschößen, sowie eine Schützenhaube.

Foto: Timo Geldner

Aufstellung der leichten Artillerie des 17. Jahrhunderts. Die Handrohre und Hakenbüchsen auf der rechten Seite sind allerdings im 15. bzw. frühen 16. Jahrhundert zu suchen, und waren zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges längst nicht mehr in Gebrauch. Vielleicht haben sie ja in einem Kronacher Zeughaus die Jahrhunderte überdauert. Sie knallen halt so schön... Obristwachtmeister Schinzel-Lang von der Cronacher Ausschuß Compagnie beim Losbrennen eines 3 Pfünder Ordonnanzgeschützes.

Foto: Michael Simon

Die Musketiere der Cronacher Ausschuß Compagnie sind zu einer Schießübung angetreten . Als "Ausschuß" bezeichnete man während des Dreißigjährigen Krieges die zum Zwecke der Verteidigung der befestigten Orte aus der Landbevölkerung, zum Teil auch der waffenfähigen Bürgerschaft ausgehobene Landesdefension oder Landwehr. Die Exerzier-Disziplin war bei den Nicht-Berufssoldaten etwas legerer, was wohl den grimmigen Blick des Drillmeisters und Sergeanten der 1. Kompanie des Houwald' schen Regiments zu Fuß erklärt.

Foto: Timo Geldner

Ein Offizier bereitet sich in seinem Zelt auf das bevorstehende Gefecht vor. Wahrscheinlich liest er einen Psalm aus der Bibel. Sein mit keltischen Symbolen bemaltes Amulett im Hintergrund läßt vermuten, daß er dem irisch-schottischen Kontingent angehört, welches während des Dreißig-jährigen Krieges auf protestantischer Seite zahlreich vertreten war.

Foto: Michael Simon

Wolfi vom "Hortus" beim Abfeuern eines 3 Pfünder Regimentstückes. Im Hintergrund ein kleines Suhler Hinterlader-Falkonett (1 Pfünder) mit Bocklafette, gebaut nach einem Original von Valentin Klett 1603, heute im Bayerischen Armeemuseum Ingolstadt.

Idylle an der Richtstatt. Weil sich der Scharfrichter verspätet hat, hält der Delinquent, der darauf wartet, endlich gerädert zu werden, erst einmal ein kleines Nickerchen.
Peter Engerisser beim Abfeuern seiner von Armin König gebauten Suhler Luntenschloßmuskete, Modell 1632. Bei einem Rohrkaliber von nahezu 20 mm und der dazugehörigen Pulverladung ist auch der Rückstoß entsprechend gewaltig. Man tut gut daran, die auf der Musketengabel oder Forquette liegende Waffe fest an Schulter und Backe zu pressen, will man keine blauen Flecken oder gar mehr riskieren.

Foto: Timo Geldner

Laden eines sogenannten Doppelhakens mit Radschloßzündung. Bei einer Gesamtlänge von 2,28 m muß die Waffe, von Armin König (li.) detailgetreu nach einer Vorlage in den Kunstsammlungen der Veste Coburg nachgebaut, aus ihrer Bocklafette gehoben werden, um die Ladung von vorne in den Lauf zu bringen. Wie man sieht, ist bei einem Kaliber von 27 mm auch das Pulvermaß entsprechend dimensioniert. Doppelhaken zählen eigentlich schon zu den Kleingeschützen. Durch die große Rohrlänge war es möglich, auch auf größere Entfernungen feindliche Stellungen, wie z.B. Geschützbatterien, zu beschießen.

Foto: Timo Geldner

Feierabend nach der letzten Vorstellung. Die Vorfreude auf ein kühles Bier ist den drei "Hortus-Buben" deutlich anzusehen.

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